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Perspektivisches Zeichnen - Grundlagen

Hallo Freude der Grundkenntnisse!

Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass ich selbst sehr gerne Bilder mit Architektur und entsprechend auch Perspektive zeichne :wink:
Und da ich recht oft drauf angesprochen werde, dass das ja unglaublich schwierig sein muss dachte ich mir, ich verrate wie perspektivisches Zeichnen funktioniert, und dass es gar nicht so schwer ist. Nur vielleicht ein bisschen nervig
 aber es lohnt sich, versprochen!
Dazu brauchen wir zu erst ein paar gemeinsame Grundlagen, damit ihr mich in den eigentlichen Tutorials auch versteht.
Um diese Grundlagen geht es hier.

Zu aller erst einmal möchte ich erwÀhnen, dass es verschiedene Perspektiven gibt, die nicht aufwÀndig konstruiert werden, darunter:

Die Bedeutungsperspektive

Bei der Bedeutungsperspektive werden Dinge, die wichtig sind grĂ¶ĂŸer, und andere, unwichtigere Dinge, kleiner dargestellt, als sie eigentlich sind. Ein Beispiel dafĂŒr wĂ€re die Freiheitsstatue: ihr ausgestreckter Arm mit der Fackel ist lĂ€nger, als er anatomisch sein dĂŒrfte! Da die erhobene Fackel allerdings symbolisch fĂŒr die Freiheit steht und somit wichtig ist, ist der Arm verlĂ€ngert.

Die Farbperspektive

Es gibt Farben, die uns nĂ€her erscheinen (warme Farben, am deutlichsten Orange), und solche, die weiter entfernt wirken (kalte Farben, am deutlichsten Blau). Ein orangenes Objekt wirkt also nĂ€her, als ein Blaues. Wollen wir etwas betonen oder auf den Betrachter zurĂŒcken lassen, können wir das tun, indem wir in einer neutralen (grau/braun) oder kalten Umgebung ein warmes Objekt platzieren. Es wird automatisch auffallen und nah wirken. Soll ein Objekt entfernt wirken, können wir das durch blĂ€uliche Farben erreichen.
Diese Art Perspektive zu zeichnen eignet sich super fĂŒr ĂŒberzeugende Landschaften (zusammen mit ein bisschen Wissen ĂŒber Fluchtpunktperspektive).


 aber um die will ich mich diesmal gar nicht nĂ€her kĂŒmmern. Über ihre Existenz Bescheid zu wissen schadet aber auf keinen Fall, gerade die Farbperspektive ist spannend, aber ĂŒber diese wĂŒrde ich lieber in einem separaten Tutorial berichten, vielleicht zum Thema „Farbschema“.

Mir geht es diesmal um die konstruierten, also die Fluchtpunktperspektiven.
Und am Besten fange ich da wohl an, indem ich euch die Erfahrungsperspektive vorstelle, die ist nĂ€mlich ein „falscher freund“ unter diesen Perspektiven.
Sie basiert auf der Erfahrung des Zeichnenden.
Wenn wir eine Straße entlang schauen stellen wir fest, dass die Straße scheinbar spitz zulĂ€uft, die HĂ€user immer kleiner werden, je weiter sie weg sind, alle DĂ€cher irgendwie schrĂ€g laufen und sich an einem Punkt scheinbar alles verliert.
VerlĂ€sst man sich allein auf die Erfahrung und malt das, was man gewohnt ist zu sehen („erfahren hat“), entsteht die Erfahrungsperspektive. Nahes ist groß, fernes ist klein, irgendwo verliert sich alles, Linien, die vom Betrachter wegfĂŒhren sind schrĂ€g und zielen etwa da hin, wo sich alles auflöst.
Auf den ersten Blick erscheint alles richtig und stimmig zu sein. Und eigentlich, wenn einem das genĂŒgt, kann man da auch schon aufhören, sich Gedanken zu machen.
Aber „scheinbar richtig“ genĂŒgt nicht jedem – denn irgendwas in dem Bild stimmt nicht

Verfolgt man alle Linien, die sich vom Betrachter entfernen, also die Fluchtlinien, bis zum Horizont des Bilds (dahin, wo sich alles auflöst), stellt man fest, dass die Linien völlig wahllos durch die Gegend schießen.
(Meine EntwĂŒrfe sind solche FĂ€lle. FĂŒr einen Entwurf reicht mir das, fĂŒr ein Bild das ich weitergeben möchte allerdings nicht)

Der Ehrgeiz ist also geweckt, die Perspektive soll nicht nur scheinbar stimmen, sondern wirklich.

Bevor wir anfangen, sollte ich vielleicht ein paar Begriffe erklÀren:

Im Grunde gibt es drei Richtungen, in die Linien sich bewegen können:
Horizontal/ waagrecht (also: -), vertikal/ senkrecht (Also: l) und diagonal/ schrÀg (also: /).

Der Fluchtpunkt ist der Punkt, an dem sich alle Linien bĂŒndeln, die vom Betrachter weg verlaufen. Er liegt auf Augenhöhe des Betrachters und ist somit relativ – grĂ¶ĂŸere Menschen haben einen anderen Fluchtpunkt, als kleinere, ebenso Ă€ndert sich der Fluchtpunkt je nach dem wo der Betrachter steht oder sitzt.

Der Fluchtpunkt liegt außerdem immer auf der Horizontlinie. Diese ist dort, wo sich Himmel und Erde „berĂŒhren“ und man als Betrachter nicht weiter in die Ferne schauen kann (s. Abb. 1). Sie muss auf einem Bild nicht sichtbar sein (in einem Innenraum, z.B.), aber sie ist immer gerade, auch wenn am Horizont Berge sind – diese liegen „vor“ der Linie. Am deutlichsten sichtbar ist die Horizontlinie, wenn man auf das Meer schaut. Dort sind Horizont und Horizontlinie identisch. Auch die Horizontlinie Ă€ndert sich mit dem Blickwinkel des Betrachters.

Beispielbild

Ich komme gerade nicht wirklich aus dem Haus, also hab ich gerade kein Bild einer Stadt

Bitte etwas Geduld, danke!

Ebenfalls an der Horizontlinie lÀsst sich erkennen, ob der Betrachter auf oder unter ein Objekt im Bild schaut.
Von allen Objekten, die oberhalb der Horizontlinie liegen sieht der Betrachter die Unterseite, von allem darunter die Oberseite. In Abb. 1 befindet sich die Horizontlinie ĂŒber den HĂ€usern, der Betrachter schaut also auf die HĂ€user. Objekte auf einer Höhe mit der Horizontlinie werden am ehesten als „platt“ oder Linien wahrgenommen.

Der Sehstrahl ist unsere Blickrichtung, man kann ihn sich besser vorstellen, indem man an einen Laser denkt, der aus den Augen des Betrachters schießt. Wenn wir gerade aus schauen, verlĂ€uft der Sehstrahl etwa parallel zum Boden (falls es mal anders ist erwĂ€hne ich das, ich will hier nicht gleich irgendwelche Rahmen sprengen), und er lĂ€uft immer auf den Fluchtpunkt zu.

Bei allen Fotos ist der Betrachter die Kamera, bei Zeichnungen der Zeichner. Abgebildete Menschen und Tiere werden betrachtet und sind fĂŒr die Konstruktion der Perspektive nebensĂ€chlich.

Jeder Betrachter hat zusĂ€tzlich zum Sehstrahl einen Sehkegel. Das ist der Bereich, der direkt und relativ verzerrungsfrei wahrgenommen wird, und den wir in Zeichnungen abbilden. Er betrĂ€gt etwa 60° in alle Richtungen, der Sehstrahl bildet die Mitte. (TatsĂ€chlich sehen können wir mit gesunden, jungen Augen horizontal etwa 180° und vertikal ca. 140°, jedoch wird das Bild zu den „RĂ€ndern“ hin immer verzerrter)

Beispielbild

Unser Betrachter (B) ist die Maus. Der blaue Sehstrahl lĂ€uft auf den Fluchtpunkt und die Horizontlinie (der Maus! Nicht der Kamera!) zu. Der Sehkegel der Maus deckt rund 60° ab, ohne dass sie den Kopf bewegen muss (das FigĂŒrchen schaut allerdings nach oben). Was sie sehen kann ist grĂŒn markiert. Durch den Überstand der blauen Teepackung kann die Schachtel darauf nicht gesehen werden, die Unterseite der Teeverpackung wird wahrscheinlich als Linie oder nur angedeutet wahrgenommen.


Abb. 1.1
(Ignoriert bitte außerdem die unterste grĂŒne, rot durchgestrichene Linie. Ich kann in MS Paint nicht wirklich radieren
)

Wer jetzt noch nicht entnervt aufgegeben hat – hier gehts zum ersten richtigen Tutorial:

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Ihr Lieben!
Ich weiß, dass beim Serverbrand einige Bilder auf nimmer Wiedersehen verloren gegangen sind und dass meine Tutorials seither etwas kahl sind.
Im Moment kann ich keine Bilder einfĂŒgen, da ich erledigtes recht schnell lösche und keine Sekunde damit gerechnet hĂ€tte, dass ich ausgerechnet diese Bilder nochmal brauche.
Ich muss also neue Bilder machen, teils neu zeichnen, und dafĂŒr habe ich jetzt gerade keine Zeit, im Laufe des Jahres sollten sich allerdings ein paar Gelegenheiten fĂŒr mich ergeben, passende Bilder zu finden und einzupflegen.
Außerdem fehlt noch ein Tutorial zur Mehrpunktperspektive, das wird auch irgendwann im Lauf des Jahres folgen.

Bis da hin bitte ich einfach um ein bisschen Geduld, ich schreibe es hier in die Kommentare, wenn die Tutorials wieder bebildert sind!

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Das wichtigste Bild ist ersetzt, was die Grundlagen und damit auch das Tutorial zur Einpunkt-Perspektive wieder verstÀndlicher machen sollte.
Nach dem anderen Bild schaue ich noch, da muss ich nochmal los zum Fotografieren.

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